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Begegnungs- und Sozialprojekt der Deutschen Schule Neu Delhi
in Bans Kheri (Uttar Pradesh, Indien) |
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Zum ersten Mal durchgeführt: 10. bis 14. März 2008 |
Mit dem Begegnungs- und Sozialprojekt der Deutschen Schule Neu Delhi haben wir uns zum Ziel gesetzt,
die Kluft zwischen der Welt der deutschen Gemeinschaft in Neu Delhi und dem Leben in einem kleinen
nordindischen Dorf zu überbrücken und damit für die Zukunft neue Strukturen der
Zusammenarbeit zu schaffen. Dabei ging es nicht nur darum, das soziale Profil der Deutschen
Schule in Indien, einem Land, in dem die Wohlstandsschere vor allem zwischen Stadt und Land
weiter als an vielen anderen Orten der Welt geöffnet ist, zu schärfen, sondern
auch den Schülerinnen und Schülern der Klassen 8-10 die Möglichkeit zu
eröffnen, das einfache Dorfleben hautnah zu erfahren und Einblicke in den Alltag
der Bevölkerung zu erhalten. Wir wollten versuchen bei den Schülern das Verständnis
sowie die Offenheit für andere Lebensformen zu wecken und zu vertiefen.
Wir wählten Bans Kheri, ein Dorf mit ca. 6 000 Einwohnern (und etwa
1700 Kindern und Jugendlichen im schulpflichtigen Alter!) in Uttar Pradesh, etwa
280 km östlich der indischen Hauptstadt. Unsere Hilfe wollten wir zu Beginn des
Projekts auf die schulischen Einrichtungen des Dorfes konzentrieren. Es war unser Ziel,
das Bildungsangebot, die Ausstattung der Schule und somit langfristig auch die
Zukunftsperspektiven der Kinder des Dorfes nachhaltig zu fördern.
Soziales Engagement
Die praktische und materielle Unterstützung konzentrierte sich anfänglich
vor allem auf die öffentliche Dorfschule in Bans Kheri, die mit ca. 360
Schülern in acht Klassenzimmern einen großen Teil der Dorfkinder
unterrichtet. Leider verfügt diese Institution nur über geringe
finanzielle Mittel, um eine effektive, geschweige denn angenehme Lernumgebung
zu gewährleisten. So gibt es beispielsweise keine Bänke für die
jüngeren Schüler, keine Fachräume, kein Lehrerzimmer und nur
ein kleines Abstellzimmer für den Direktor. Die Schule ist zudem nur sehr
unzulänglich an das ohnehin schon desolate Stromnetz des Dorfes angebunden.
Zwei sehr einfache und heruntergekommene Toiletten befinden sich zwischen dem
Hauptgebäude und dem Dorftümpel. Die Schüler saßen vor
unserem Engagement auf schmalen, durchgewetzten Läufern oder auf dem nackten
Boden und schrieben auf kleinen Pulten. Als Tafel wurde in manchen Klassenzimmern
ein Teil der Wand benutzt.
Die DSND stattete die Schule im Verlauf des Projekts
mit neuen Tafeln aus und unterstütze die Schule bei der Anschaffung einfacher,
aber robuster Läufer. Außerdem versorgten wir die Schule mit Kreide,
Lernplakaten, Papier und einfachen Hindi-Englisch Lexika. Jedem Schüler und
jeder Schülerin der Schule von Bans Kheri wollten wir ein kleines
"Schul-Carepaket" zukommen lassen. Darin befanden sich u. a. Hefte, Bleistifte,
Kugelschreiber, Wachsmalstifte, Papier sowie ein Geometrieset für die
älteren Schüler. Für viele der Schüler zählten diese
Gegenstände zum ersten eigenen Besitz ihres Lebens.
Um für die Kinder des Dorfes ein angenehmes und vor allem hygienisches Lernumfeld zu schaffen, war
die Ausbesserung der bis dahin sehr dürftigen sanitären Einrichtungen der Schule ein weiteres Anliegen des
Projekts. Schon im Vorfeld unseres Besuchs wurden die Schultoiletten mit Hilfe der Spendengelder mit Kacheln und neuen Schüsseln versehen. Eine verbesserte Wasserzufuhr ließ sich in der Kürze der Zeit und aufgrund der fehlenden Infrastruktur nicht gewährleisten. Dies bleibt aber ein mittelfristig unbedingt zu verwirklichendes Vorhaben. Die Schüler der DSND bemalten während ihres Besuchs die Wände der Toilette und schufen so eine angenehmere Atmosphäre.
In den Tagen lernten wir außerdem zwei weitere Schulen kennen, die wir ebenfalls soweit uns möglich
war mit Material und Läufern unterstützten. In der muslimischen Schule wollen wir uns
darüber hinaus in der Zukunft baulich engagieren (Näheres dazu unten).
Teilnahme am Alltag in einem nordindischen Dorf
Die Schüler der DSND waren während unseres Aufenthalts in Bans Kheri
aktiv an der Durchführung und erfolgreichen Umsetzung des Projekts beteiligt.
An zwei Vormittagen besuchten sie die Dorfschule, verlegten die neuen Läufer,
überreichten die mitgebrachten "Carepakete" und beschäftigten sich mit
den dortigen Kindern und Jugendlichen. Ein paar unserer Schüler malten mit den
Erst- und Zweitklässlern in ihren neuen Zeichenblöcken, eine andere Gruppe
brachte den etwas älteren mit Hilfe der neuen Lernplakate grundlegende englische
Wörter und Phrasen bei.
Wie bereits erwähnt war es uns besonders wichtig, dass unsere Schülerinnen und
Schüler die Strukturen des Lebens in einem nordindischen Dorf kennen lernen und ein
Bewusstsein dafür entwickeln, was es bedeutet, sich in diesen völlig anderen
sozialen Umständen den täglichen Lebensunterhalt zu sichern. So besteht etwa
eine der Haupteinnahmequellen des Dorfes in der Produktion von Bidis - einfachen Zigaretten
bestehend aus einem Tendublatt und etwas Tabak. Ein Dorfbewohner fertigt tagtäglich ca.
1000 Bidis in Heimarbeit und erhält dafür 35,- IR (etwa 0,50 Euro), ein Betrag
für den sich die Schüler der DSND nicht einmal eine Tüte Chips kaufen
könnten. Wir versuchten während des Besuches unter Anleitung selbständig diese
Tätigkeit durchzuführen, mussten jedoch nach einigen kläglich gescheiterten
Versuchen einsehen, wie viel Geschicklichkeit und Übung diese Arbeit tatsächlich
erfordert, die vor allem von Frauen, aber auch von Kindern ausgeführt wird.
Eine andere wichtige Einnahmequelle der Dorfbewohner ist der Anbau und die Verarbeitung von Zuckerrohr. Während der Woche hatten die Kinder Gelegenheit, bei der Feldarbeit aktiv mitzuhelfen. Gemeinsam mit einer Familie schnitten die Kinder die Zuckerrohrhalme, putzen sie und beluden einen Ochsenkarren, der die Ernte dann zur nächsten Zuckerrohrfabrik beförderte. Bei einem Rundgang durch die Fabrik konnten die Schüler den Verarbeitungsprozess vom Zuckerrohrhalm zum fertig raffinierten weißen Zucker nachvollziehen. Diese Erfahrung war nicht zuletzt auch deshalb von besonderem Wert für uns, da wir hier das Gefühl hatten den Dorfbewohnern tatsächlich praktisch geholfen und nicht nur einen Arbeitsprozess vorgeführt bekommen zu haben.
Die Viehwirtschaft (Wasserbüffel, Kühe, Ziegen, Hühner) - vor allem für den
Eigenbedarf - ist ein integraler Bestandteil des dörflichen Lebens. Noch vor dem Frühstück ging eine Schülergruppe zum Melken der Büffelkühe und Ziegen des Nachbarn und rührten anschließend die gewonnene Milch zu Butter. Außerdem schnitten wir wilden Klee als Futter für die Tiere.
Alle weiteren Aktivitäten der Schüler vor Ort, wie etwa das Fischen im Dorfteich,
unsere Versuche dem hiesigen Töpfermeister zur Hand zu gehen,
das Volleyballspiel mit der örtlichen Polizei und
die Herstellung von braunem Zucker, sind hier ausführlich mit Bild und Text dokumentiert.
Auch an inoffiziellen Begegnungen zwischen den Schülern der DSND und der Dorfgemeinschaft mangelte
es nicht. Im Zentrum von Bans Kheri gibt es eine Grünfläche, die vor allem von der Dorfjugend genutzt wird.
An einem Spätnachmittag spielten wir dort Volleyball mit den Bewohnern des Dorfes. Die obligatorisch anwesende Menschenmasse sorgte
für die nötige Stimmung. Es gab jedoch auch Situationen, in denen den Schülern die ständige Belagerung
zu viel wurde und sie sich nach mehr Privatheit sehnten. Allerdings war auch dies eine wertvolle Erfahrung unserer Woche in Bans Kheri.
Es war uns wichtig, die Eigeninitiative der Schüler zu fördern. Sie entschieden sich aus freien Stücken,
unter den im Dorf herrschenden sehr einfachen Umständen zu leben und zu arbeiten - bereits
der Einkauf auf dem Markt mit dem Büffel- bzw. Pferdewagen
war hier bereits ein Erlebnis.
Für einige Schüler der DSND war es zudem eine neue Erfahrung, sich einmal selbst um
die Alltagsgeschäfte wie Raumpflege, Essen, Abwasch und Putzen kümmern
zu müssen. Werden doch die meisten zu Hause von mindestens einer Haushälterin versorgt.
Beteiligung, Finanzierung, Zukunftsperspektiven und Nachhaltigkeit
Das Projekt wurde von dem Koch und einem Lehrer der Schule langfristig bereits im
Herbst 2007 angebahnt, in der konkreten Planungsphase und der Durchführung
tatkräftig unterstützt von unserer Praktikantin. Ohne die tatkräftige
Unterstützung eines indischen Mitarbeiters und seiner Frau, deren Familie aus der
Gegend von Bans Kheri stammt, wäre das Projekt in dieser Form jedoch nicht möglich
gewesen. Für die Durchführung und den Erfolg war auch das Engagement der gesamten
Schulgemeinschaft erforderlich.
Die Finanzierung des Projekts erfolgte ausschließlich
über Spendengelder der Schulleitung, der Eltern, des Elternbeirats und der Lehrer der
Schule. Auch die Einnahmen des Musicals der Grundschule kommen dem Projekt zu Gute. Auf
diese Art und Weise gelang es uns umgerechnet etwa 2000 Euro zu sammeln - gemessen an der
Größe unserer Schule ist das kein schlechtes Ergebnis. Die Kosten für unsere
Reise und Unterbringung wurde von den Schülern und Betreuern selbst getragen.
Aufgrund der positiven Rückmeldung von allen Seiten, haben wir uns zum Ziel gesetzt,
auch in Zukunft die Partner- und Patenschaft mit Bans Kheri, seinen Menschen und Institutionen
aufrecht zu erhalten. Vor Ort haben wir uns für eine konkrete Weiterführung der
Unterstützung entschieden. Dies soll in Form eines Anbaus innerhalb des Schulkomplexes
der muslimischen Schule geschehen. Die erste und zweite Klasse werden zurzeit noch unter
freiem Himmel unterrichtet, was in der Monsunzeit nicht mehr möglich sein wird.
Wir rechnen fest damit, dass das Dach und die Wände mit dem offenen Eingangsbereich
in den nächsten Wochen und damit lange vor der Regenzeit fertig sein werden.
Wir sammeln weiterhin Spenden, um andere, möglicherweise größere Projekte
im nächsten Schuljahr realisieren zu können. So denken wir etwa darüber nach
ein marodes Gebäude im Dorf zu kaufen, zu renovieren und als einfaches Gästehaus für
internationale Besucher umzufunktionieren. Zusätzlich soll in diesem Haus auch eine
Nachmittagsbetreuung für Schüler eingerichtet werden, die zu Hause keine
Möglichkeit haben zu lernen oder Hausaufgaben zu machen. Darüber hinaus haben
wir ein Boot entdeckt, das überholt werden müsste und der Gemeinschaft zum
Fischen auf dem größeren der beiden Dorfteiche zugänglich gemacht werden kann.
Wir gehen davon aus, dass unser Begegnungs- und Sozialprojekt in den nächsten Jahren
wächst und somit sowohl den Menschen in Bans Kheri als auch den Schülern,
Lehrern und Freunden der Deutschen Schule Neu Delhi zugute kommt.
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